Metall- und Elektroindustrie

Freistellung zur Kinderbetreuung nach Solidar-Tarifvertrag 2020 und Infektionsschutzgesetz

29.05.2020 | Was gilt für Eltern, die ihre Kinder wegen geschlossener Schulen und Kindergärten derzeit zu Hause betreuen müssen und daher nicht arbeiten können? Wir informieren auf mehrfachen Wunsch zu den Freistellungsmöglichkeiten entsprechend der Reihenfolge nach dem Solidartarifvertrag 2020 in der tarifgebundenen Metall- und Elektroindustrie sowie zu den geänderten Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, die für alle Arbeitnehmer unabhängig der Brache gleichermaßen gelten.

Wenn betroffene Eltern nicht mehr in Kurzarbeit sind und damit keine andere Möglichkeit der Betreuung haben, müssen erst die nachfolgenden Regelungen in Anspruch genommen werden:

  • Abbau von Resturlaub 2019
  • Abbau der Plussalden auf Arbeitszeitkonten 
  • Aufbau von maximal 21 Negativstunden in Abstimmung mit dem Arbeitgeber
  • Inanspruchnahme der acht freien Tage aus der Wandlung des tariflichen Zusatzgeldes 

Anschließend haben Eltern oder Alleinerziehende Anspruch auf Entschädigung durch das Infektionsschutzgesetz. Zusätzlich erhalten Beschäftigte im Geltungsbereich des Solidar-Tarifvertrags im Jahr 2020 für die Betreuung von Kindern, bei behördlich angeordneten Schließungen, fünf freie Tage ohne Anrechnung auf den Urlaub unter Weiterzahlung des Entgeltes.

Ende März 2020 trat eine Änderung in Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes in Kraft. Sie sieht eine Entschädigung für die so entstandenen Verdienstausfälle vor. Der geänderte Paragraf nimmt dabei auch den Arbeitgeber in die Pflicht: Zwar sieht das System vor, dass die zuständige Behörde die Entschädigung zahlt. Der Arbeitgeber fungiert als Zahlstelle und ist zur Auszahlung des Geldes verpflichtet und kann es sich auf Antrag bei der zuständigen Behörde erstatten lassen. Der organisatorische Aufwand, den Antrag auf Erstattung bei der zuständigen Behörde zu stellen, liegt beim Arbeitgeber.

Was genau passiert nun, wenn ein Mitarbeiter zur Betreuung eines Kindes nicht zur Arbeit erscheinen kann? Nach geltendem Recht dürfen Arbeitnehmer unter gewissen Voraussetzungen zu Hause bleiben. Wenn bei Schließung der Kita oder der Schule die Betreuung eines Kindes, das aufgrund seines Alters betreut werden muss, nicht anders sichergestellt werden kann, dann haben die Eltern als Arbeitnehmer in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht, weil ihnen die Erbringung ihrer Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Voraussetzung hierfür ist es, dass eine Betreuung nicht anderweitig möglich ist, also etwa durch Nachbarn oder den Ehepartner.

Muss er die Betreuung übernehmen, weil aufgrund einer Pandemie-Situation Schulen und Kitas auf behördliche Anordnung geschlossen wurden, erhält der Mitarbeiter einen Entschädigungsanspruch nach dem neuen § 56 Absatz 1a IfSG. Dafür gelten folgende Voraussetzungen: Das zu betreuende Kind ist jünger als zwölf Jahre oder hat eine Behinderung, wegen der es auf Hilfe angewiesen ist. Und die Eltern konnten keine alternative Betreuung organisieren. Der Nachweis erfolgt über ein Formular, dass die Arbeitnehmer ausgefüllt beim Arbeitgeber abgegeben müssen.

Das Bundeskabinett hat am 20. Mai 2020 eine Ausweitung der geltenden Regelung auf den Weg gebracht. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf am 28. Mai 2020 beschlossen. Künftig soll die Verdienstausfallentschädigung für maximal zehn Wochen pro Elternteil gezahlt werden, bisher waren es sechs Wochen. Alleinerziehende sollen einen Anspruch bis zu 20 Wochen haben. Die Regelung soll rückwirkend zum 30. März in Kraft treten. Die Änderungen müssen noch durch den Bundesrat.

Der neue Entwurf zur Änderung des IfSG wird noch konkreter: Eine Verteilung des Entschädigungszeitraums über mehrere Monate soll danach grundsätzlich möglich sein. Auch eine tageweise Aufteilung ist laut Entwurf ausdrücklich möglich. Das dürfte es beispielsweise einem Arbeitnehmer, der nur für drei Werktage in der Woche keine alternative Betreuungsmöglichkeit hat, ermöglichen, die übrigen Werktage arbeiten zu gehen und nur für die tatsächlichen Ausfalltage eine Entschädigung nach dem IfSG zu beantragen.

Das Infektionsschutzgesetz regelt nicht den Anspruch auf Freistellung, sondern nur auf Entschädigung. Die konkrete Anwendung des Infektionsschutzgesetzes liegt in der Hoheit der Länder. Ein weiterer Nachteil des Gesetzes ist, dass der Anspruch auf 67% des Netto und höchstens 2.016 € begrenzt ist. Das Infektionsschutzgesetz eröffnet dem Arbeitgeber gem. § 56 Abs. 8 die Möglichkeit, eine Aufstockung bis zu 100% des ursprünglichen Nettoentgeltes zu gewähren. Diese Option muss von den Betriebsräten auch eingefordert werden.

Für weitere Fragen, nehmt bitte Kontakt zu Euren IG Metall Betriebsräten und zu uns auf.

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