Damit Menschen nicht an den Rand gedrängt werden

Werkverträge gesetzlich besser regeln!

23.09.2014 | Ein Betrieb - eine Belegschaft. Das will die IG Metall erreichen. Sie stemmt sich gegen den Trend, dass Arbeitgeber immer mehr Arbeit über Werkverträge ausgliedern, zu deutlich schlechteren Bedingungen. Daher fordert die Gewerkschaft mehr Mitbestimmung für die Betriebsräte.

Werkverträge als Alternative zur Leiharbeit?
Nachdem die IG Metall in der Tarifrunde 2012 Verbesserungen für die Leihbeschäftigten durchgesetzt hat, setzen die Unternehmen nun verstärkt auf Werkverträge. Immer häufiger übernehmen Arbeitskräfte von Fremdfirmen Tätigkeiten, die früher von der Stammbelegschaft gemacht wurden. So werden inzwischen auch zentrale Bereiche ausgelagert - etwa die Montage von Achsen, Rädern und Armaturenbrettern in der Autoindustrie. Oder die Entwicklung ganzer Komponenten. 

Die Motive der Arbeitgeber 
Die Arbeitgeber wollen Kosten senken, flexibler sein und ihr Risiko minimieren. Die Unternehmen können sich dann schnell und reibungslos bei schlechterer Auftragslage von den überflüssigen Arbeitskräften trennen. Außerdem werden Werkverträge in der Bilanz als flexible Sachkosten abgerechnet -und nicht als fixe Personalkosten. Das macht Eindruck bei den Anlegern. Häufig sind die Personalkosten durch die Konzernleitung gedeckelt, egal wie viel Arbeit tatsächlich da ist. Die Vorgesetzten vor Ort besorgen sich dann die nötige Arbeitsleistung extern über Werkverträge. Die Ausgliederung von Tätigkeiten spaltet die Belegschaften: in eine Kernbelegschaft - und in eine Randbelegschaft mit Arbeitnehmern ohne Sicherheiten, ohne Tarifvertrag und ohne Mitsprache durch die Betriebsräte.

Missbrauch von Werkverträgen
Ursprünglich war die Funktion von Werkverträgen, sich für genau definierte Tätigkeiten Spezialisten zu holen, wie etwa den Gas-Wasser-Installateur, wenn die Toilette verstopft war. Doch in Firmen, in denen früher nur das Putzpersonal, der Pförtner oder die Kantine outgesourct waren, werden inzwischen umfangreiche Tätigkeiten dauerhaft an Fremdfirmen vergeben. Inzwischen arbeiten in einigen Unternehmen Leiharbeits-, Werkvertrags- und Stammbeschäftigte nebeneinander und machen teilweise die gleichen Arbeiten. 

Neue Klassen-Gesellschaft
Es wird eine Klassen-Gesellschaft eingeführt, deren einzelne Gruppen sich nur noch über die Lohnhöhe, den Grad der Unsicherheit und die Farbe der Arbeitskleidung voneinander unterscheiden. In Klasse 1 arbeiten die Stammbeschäftigten mit tariflich abgesicherten Arbeits- und Entgeltbedingungen. In Klasse 2 sind die Leiharbeitnehmer und in Klasse 3 findet man die Beschäftigten aus den Werkvertragsfirmen. Sie erhalten die niedrigsten Löhne, arbeiten zu den schlechtesten Bedingungen und sind am schnellsten weg, wenn es wirtschaftlich nicht gut läuft. Und schließlich gibt es sogar noch eine Klasse 4: Leiharbeiter bei Werkvertragsfirmen. Über dieses Kombimodell umgehen Arbeitgeber auch die tariflichen Branchenzuschläge und Besservereinbarungen der IG Metall für Leiharbeiter, die in Metallbetrieben gelten: Da die Werkvertragsfirma nicht zur Metallbranche gehört, sondern offiziell zur Logistikbranche, gibt es auch keine tariflichen Branchenzuschläge.

Werkverträge auf dem Vormarsch
Wie sehr Werkverträge auf dem Vormarsch sind, zeigen die folgenden Zahlen: In der Automobilindustrie arbeiten etwa 763 000 Beschäftigte, 100 000 Leiharbeitnehmer und 250 000 Beschäftigte in Werkverträgen. Noch krasser ist die Situation auf den Werften. Dort kommt mehr als ein Drittel der Belegschaft von außen. 

Was will die IG Metall 
Die IG Metall fordert sichere und faire Arbeit für alle Beschäftigten. Die Gewerkschaft und ihre Betriebsräte sehen sich zuständig für alle Arbeitskräfte in der gesamten Wertschöpfungskette - unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Stammbelegschaft haben, als Leiharbeitnehmer oder als Beschäftigte über einen Werkvertrag im Unternehmen eingesetzt werden.

Festanstellung für alle
Ziel ist es, Festanstellungen für alle zu erreichen, also alle Arbeitskräfte in die Stammbelegschaft zu bringen. Doch solange das nicht gelingt, vereinbart sie bessere Rahmenbedingungen für die Beschäftigten in Werkverträgen. Da die IG Metall für Leiharbeitnehmer schon einiges erreicht hat, sollen Werkverträge in Leiharbeit umgewandelt werden. Bei Leiharbeit haben Betriebsräte deutlich mehr Mitbestimmungsrechte als bei Werkverträgen. Und es gibt Tarifverträge mit Branchenzuschlägen sowie Besservereinbarungen in den Betrieben. 

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Werkverträgen 
Trotz fehlender Mitbestimmungsrechte können Betriebsräte bei Werkverträgen etwas tun. Das beginnt damit, dass die betriebliche Interessenvertretung Fragen stellt: Welche Firmen sind auf dem Werksgelände? Mit wie vielen Leuten? Wie sehen die vertraglichen Bedingungen in diesen Verträgen aus? Wie werden sie bezahlt? Diese Informationen muss ihnen die Geschäftsleitung liefern.

Betriebsräte müssen für alle da sein, sagt die IG Metall. Sie fordert daher, dass das Betriebsverfassungsgesetz ergänzt wird und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates auch bei Werkverträgen gelten. Außerdem will die Gewerkschaft erreichen, dass die Rechtsfolgen von Scheinwerkverträgen präzisiert werden. Dazu ist eine bessere Abgrenzung von Werkvertrag und Leiharbeit notwendig. 

Verbesserungen sind möglich
Dass es gelingen kann, die Situation von Arbeitnehmern aus Werkverträgen zu verbessern, zeigen die Unternehmen VW, BMW, Porsche und die Meyer Werft. Dort regelten die IG Metall und die Betriebsräte bessere Rahmenbedingungen für die Werkvertragsbeschäftigten über Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge.

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